Diagnosen

Braucht man sie eigentlich?

Heute möchte ich ein wenig erklären, wie das bei mir und Diagnosen so ist.

Oft kommen Klienten und Klientinnen in eine Therapie und haben bereits eine Diagnose gestellt bekommen. Nicht selten ist es dabei so, dass diese Diagnosen durch Dr. Google selbst gestellt wurden und keiner fachkundige Expertise entspringen.

Lieder führen diese Selbstdiagnosen oft dazu, dass die Betroffenen große Ängste entwickeln („Ich habe nun XY. Kann ich je ein normales Leben führen?“) und manchmal sogar noch mehr Symptome bekommen, weil sich damit ja die Diagnose bestätigt.

Diagnosen sind in der systemischen Therapie sehr umstritten und auch ich sehe diese generell kritisch. Einerseits benötigt die Krankenkassa diese, um abrechnen zu können und eine grobe Vorgehensweise zu skizzieren. Andererseits wird eine Diagnose einfach niemals einem lebendigen Menschen gerecht. Diagnosen sind immer nur Annäherungen an die Wirklichkeit

Die Persönlichkeit ist viel komplexer als eine Diagnose

Es gibt auch eine verbreitete Weisheit unter erfahrenen Psychotherapeuten: Diagnosen sind sehr einfach nach einem Erstgespräch, aber sehr sehr schwierig nach der 10. Sitzung oder später. Warum ist das so? Nach einigen Sitzungen sind wir in der Lage, die Komplexität einer Persönlichkeit sehr viel vollständiger und umfangreicher zu erfassen, als das im Erstgespräch möglich war, wo uns Klienten nur die wichtigsten Symptome und Erinnerungen präsentierten. Sämtliche Ressourcen, also dasjenige, was beim Klienten gut funktioniert, seine Fähigkeiten, Begabungen und gut bewältigten Erfahrungen sehen wir zunächst nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße.

Diagnsoen sind nicht nur schlecht, denn danach zu googlen sagt auch aus, dass eine hohe Motivation für eine Veränderung vorhanden ist und das ist ein wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Psychotherapie.Das beste Expertensystem im Internet kann aber den menschlichen Kontakt in der therapeutischen Praxis nicht ersetzen.

Von daher: Lassen Sie uns drüber reden! Aber eine Diagnose als Stigma, quasi wie ein Stempel auf das Hirn des Klienten, ist in keinem Fall hilfreich.

 

Ich wünsche einen wunderbaren Abend,

liebe Grüße, eure Nicola Etzelstorfer